ProWein 2025: Ein Gastronom aus Karlsruhe berichtet
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ProWein 2025: Ein Gastronom aus Karlsruhe berichtet
Als langjähriger Gastronom aus Karlsruhe spielt Wein in meinem Haus eine entscheidende Rolle – was wären schließlich meine spanischen Tapas ohne den passenden Rioja? Deshalb war ich besonders gespannt auf das Feedback meiner Kollegen und Freunde zur diesjährigen ProWein 2025 in Düsseldorf, die vom 16. bis 18. März stattfand. Hier teile ich ihre Eindrücke und Erfahrungen sowie einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation der Weinmesse.
Die ProWein 2025: Größer, aber weniger belebt?
Die Meinungen zur ProWein 2025 sind nahezu einhellig: Die Messe wird als zu groß empfunden, während gleichzeitig ein Rückgang bei Ausstellern und Besuchern zu beobachten war. Ein deutliches Zeichen dafür: An den Taxiständen, wo man in früheren Jahren endlose Menschenschlangen sah, gab es dieses Jahr praktisch keine Wartezeiten. Diese Beobachtung wirft interessante Fragen zur Entwicklung der weltweit größten Fachmesse für Wein und Spirituosen auf.
Besonders auffällig ist der Vergleich mit kleineren Regionalmessen wie der EuroVino in Karlsruhe. Viele Besucher, die beide Veranstaltungen kennen, scheinen die überschaubarere Atmosphäre der kleineren Messe zu bevorzugen. Dies könnte ein Indikator für einen grundlegenden Wandel in der Messelandschaft sein.
Die Aussteller-Situation: Trends und Veränderungen
Mit rund 5.800 Ausstellern aus über 60 Ländern blieb die ProWein 2025 auf dem Papier eine beeindruckende Veranstaltung. Dennoch bestätigen die Rückmeldungen meiner Kollegen den gefühlten Rückgang an Präsentationen. Besonders bei einigen traditionellen Weinregionen war ein leichter Rückgang zu verzeichnen, während neue Weinanbaugebiete vermehrt Präsenz zeigten.
Italien, Frankreich und Deutschland bildeten nach wie vor das Rückgrat der Messe. Doch es waren die aufstrebenden Weinregionen aus Osteuropa, insbesondere Georgien und Moldawien, sowie Winzer aus Südamerika, die mit innovativen Ansätzen und ungewöhnlichen Rebsorten für Aufsehen sorgten. Diese Entwicklung spiegelt den internationalen Trend wider, dass Weintrinker zunehmend nach neuen, authentischen Geschmackserlebnissen suchen.
Fachbesucher und Publikumsstruktur
Die ProWein bleibt eine reine Fachmesse – ein Konzept, das sich bewährt hat, aber möglicherweise an Grenzen stößt. Der leichte Besucherrückgang könnte auf verschiedene Faktoren zurückzuführen sein:
- Die anhaltend schwierige wirtschaftliche Lage in der Gastronomie
- Steigende Kosten für Messebesuche (Anreise, Unterkunft, Verpflegung)
- Eine zunehmende Digitalisierung des Weinhandels
- Die wachsende Konkurrenz durch kleinere, spezialisierte Regionalmessen
Die Besucherstruktur hat sich ebenfalls verändert. Während früher vorwiegend klassische Weinhändler und Gastronomen die Gänge füllten, sieht man heute vermehrt Vertreter von Online-Plattformen, Food-Startups und Influencer, die für Social-Media-Kanäle berichten. Diese Verschiebung zeigt, wie sich die Vermarktungswege für Wein in den letzten Jahren grundlegend gewandelt haben.
Thematische Schwerpunkte: Nachhaltigkeit dominiert
Das beherrschende Thema der ProWein 2025 war eindeutig die Nachhaltigkeit – vom Weinberg bis zur Flasche. Beinahe jeder Aussteller präsentierte Konzepte zur ökologischen Weinproduktion, CO2-Reduktion oder innovativen Verpackungslösungen.
Besonders beeindruckend waren die Fortschritte beim Thema Wassermanagement – eine direkte Reaktion auf die zunehmenden Dürreperioden in traditionellen Weinanbaugebieten. Viele europäische Winzer stellten ihre Anpassungsstrategien an den Klimawandel vor, darunter:
- Neue, hitzeresistente Rebsorten
- Techniken zur Wasserspeicherung und -einsparung
- Modernisierte Bewässerungssysteme
- Veränderte Anbaumethoden (z.B. höhere Stockdichte, andere Schnittformen)
Ein weiterer Fokus lag auf der Reduktion von Sulfiten und anderen Zusatzstoffen – ein Trend, der besonders im Premium-Segment zu beobachten ist und zunehmend auch den Mainstream erreicht.
Innovation: Neue Produktkategorien im Fokus
Die ProWein 2025 zeigte, dass die Branche in Bewegung ist. Besonders auffällig war die starke Präsenz alkoholfreier und alkoholarmer Weine. Diese Kategorie hat sich von einem Nischenprodukt zu einem ernstzunehmenden Marktsegment entwickelt, mit immer besserer Qualität und größerer Vielfalt.
Auch Craft Spirits und Craft Beer hatten eigene Bereiche und zogen viel Aufmerksamkeit auf sich. Die Grenzen zwischen den verschiedenen Getränkekategorien verschwimmen zunehmend – so wurden beispielsweise Weine präsentiert, die in Whisky- oder Rumfässern ausgebaut wurden, und Biere, die mit Weinhefen vergoren sind.
Für Gastronomen besonders interessant waren die zahlreichen Innovationen im Bereich der Ausschanksysteme – von fortschrittlichen Weinschränken bis hin zu digitalen Lösungen für Weinservice und -präsentation.
Digitalisierung: Der virtuelle Weinhandel wächst
Ein ganzer Messebereich war dem Thema Digitalisierung gewidmet. Hier präsentierten sich Software-Anbieter für Weinhandel und Gastronomie, Online-Plattformen und App-Entwickler. Die digitale Transformation der Branche schreitet voran, und die COVID-19-Pandemie hat diesen Prozess nachhaltig beschleunigt.
Besonders beeindruckend waren die Fortschritte bei KI-gestützten Empfehlungssystemen für Weinliebhaber und Gastronomen. Diese Programme analysieren Geschmackspräferenzen und schlagen passende Weine vor – eine Technologie, die enormes Potenzial für personalisierte Weinempfehlungen in Restaurants bietet.
Die Zukunft der ProWein: Quo vadis?
Die ProWein steht vor der Herausforderung, ihre Position als weltweit führende Weinmesse zu behaupten. Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass ein "Weiter so" möglicherweise nicht ausreichen wird. Viele meiner Kollegen äußerten den Wunsch nach:
- Einer kompakteren Messestruktur mit thematisch besser sortierten Bereichen
- Mehr Raum für echten fachlichen Austausch statt reiner Produktpräsentation
- Besseren Möglichkeiten zum Netzwerken in angenehmer Atmosphäre
- Mehr innovativen Formaten wie Masterclasses und Workshops
Gleichzeitig wurde deutlich, dass regionale Messen wie die EuroVino in Karlsruhe an Bedeutung gewinnen. Sie bieten oft genau das, was viele Fachbesucher suchen: eine überschaubare Größe, fokussierte Angebote und mehr persönlichen Austausch.
Die kulinarische Perspektive eines Gastronomen
Als Gastronom mit spanischer Ausrichtung lag mein persönliches Interesse natürlich bei den Weinen der iberischen Halbinsel. Und hier gab es tatsächlich einige spannende Entwicklungen zu entdecken:
Die klassischen Rioja-Weine bleiben ein Grundpfeiler der spanischen Weinkultur, doch zunehmend rücken weniger bekannte Regionen in den Fokus. Besonders beeindruckend waren die Weine aus Bierzo, Ribeira Sacra und der Umgebung von Madrid – Regionen, die mit charaktervollen Weinen aus autochthonen Rebsorten aufwarten.
Auch Portugal überraschte mit einer Vielzahl hervorragender Rotweine abseits der Mainstream-Regionen. Die Kombination aus traditionellen Rebsorten und modernem Kellermanagement führt zu bemerkenswerten Ergebnissen, die perfekt zu anspruchsvoller Tapas-Küche passen.
Die ProWein als Trendsetter
Trotz aller Kritik bleibt die ProWein ein wichtiger Gradmesser für aktuelle und kommende Trends. Für 2025/2026 zeichnen sich folgende Entwicklungen ab:
- Orange Wines haben ihren Nischenstatus endgültig verlassen und werden zunehmend auch in traditionellen Weinregionen hergestellt
- Amphoren-Ausbau erlebt eine Renaissance, nicht nur bei Naturwein-Produzenten
- Autochthone Rebsorten gewinnen weiter an Bedeutung – eine Gegenbewegung zur Globalisierung des Weinbaus
- Niedrigalkoholische Weine entwickeln sich zu einer ernstzunehmenden Kategorie mit ständig steigender Qualität
- Nachhaltige Verpackungskonzepte – vom Leichtgewichtglas bis hin zu innovativen Alternativen – werden zum Standard
Diese Trends bieten gerade für gastronomische Betriebe wie meines spannende Möglichkeiten, das Weinangebot zu erweitern und auf veränderte Kundenbedürfnisse einzugehen.
Fazit: Ein gemischtes Bild
Die ProWein 2025 hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits beeindruckt sie nach wie vor durch ihre Größe und internationale Ausrichtung. Andererseits scheint das Konzept der Mega-Messe an Grenzen zu stoßen – weniger ist manchmal mehr, besonders wenn es um den persönlichen Austausch und fokussierte Verkostungen geht.
Für Gastronomen wie mich bleibt die Messe dennoch ein wichtiger Termin im Kalender – wenn auch vielleicht mit kürzerer Besuchsdauer als früher. Die Kombination aus Trendbeobachtung, Netzwerken und gezielter Lieferantensuche macht die Reise nach Düsseldorf weiterhin lohnenswert.
Die EuroVino in Karlsruhe und ähnliche regionale Veranstaltungen bilden dazu eine perfekte Ergänzung. Sie bieten die Möglichkeit, in entspannter Atmosphäre tiefergehende Gespräche zu führen und Weine intensiver zu probieren.
Für die Zukunft bleibt zu hoffen, dass die ProWein auf die veränderten Bedürfnisse der Branche reagiert und ein noch passgenaueres Format entwickelt. Die Weinwelt ist in ständigem Wandel – und Messen müssen diesen Wandel nicht nur abbilden, sondern aktiv mitgestalten. Nur so werden sie auch in Zukunft relevant bleiben.
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